Dieses Bild der Mafia sieht hauptsächlich den Geldwäscheakteur Mafia, der nicht nur viele gut beleumundete Strohmänner braucht, sondern auch Komplizen bei Banken, Behörden, Maklern und Politikern. Investitionen der Mafia betreffen hierbei nicht nur gewinnträchtige Anlagen: Neben kleinen Unternehmen, bei denen man leicht Umsätze für die Geldwäsche fingieren kann - wie bei Pizzerien, Waschsalons, Spielotheken usw. -, nutzt die Mafia auch Schwächen des Marktes im Bereich der Risiko- bis Verlustgeschäfte.
Eine Marktschwäche war z.B. die Kreditversorgung kleinerer Unternehmen während der Finanzkrise: hier sprang die Mafia mit ihrem Geld ein und ist - um nur ein Beispiel von tausenden zu nennen - nun beim Bau der Expo in Mailand 2015 unbestrittener Teilhaber. Insgesamt sollen allein in Deutschland nur im Jahre 2009 laut Jürgen Roth 40 Mrd. Euro in den Markt geflossen sein.
Auch Verlustgeschäfte können von der Mafia in Kauf genommen werden, um illegales Geld rein zu waschen. Im besten Fall werden dadurch solche Personen begünstigt, die zukünftig wichtige Partner werden. Für die Geschäftsvermittlungen und -Abwicklungen braucht die Mafia zumindest das Establishment mit Anwälten, Notaren, Brokern, Maklern, Bankern - "die weißen Kragen" eben. Teilweise sind es bereits die Söhne und Töchter der Clans und Familien, die eine hervorragende Ausbildung an ausländischen Elite-Universitäten genießen durften und nun in Finanz- und Entscheidungszentren dieser Welt arbeiten.
Sonderform des Typs "weiße Mafia": der volkswirtschaftliche Akteur
Roberto Scarpinato, oberster Mafia-Jäger Siziliens, sieht die Mafia noch radikaler als Markt-Teilnehmer. Für ihn kann die Mafia nur bestehen, da sie Nachfragen bedient, die die normale Wirtschaft nicht befriedigen will, kann oder darf. Seien es riskante Kredite, Drogen oder Prostitution: Dies sind alles Bereiche, in denen oft nur die Mafia die Lücken im Markt bedient und lediglich mit passenden Angeboten auf eine zeitlose, allgemeine Nachfrage der Gesellschaft reagiert. Sie wäre damit eine Art Effekt der moralischen Regulierung des Staates, ein Versagens des legalen Marktes.
Weiße Mafia - Blinder Fleck und Gefahr
Problem des Typs 'Weiße Mafia' ist, dass er sehr komplex und schwer zu belegen ist. Außerdem wird durch ihn das Phänomen Mafia sehr abstrakt, da meist internationale Transaktionen und Milliardensummen genannt werden, von denen man schwer auf die eigene Lebensumwelt schließen kann. Die Mafia wird ein „transnationaler Großkonzern“ obwohl hinter den aufsummierten bis zu 150 Mrd. Euro Umsatz im Jahr sehr konkrete lokale Projekte stehen. Die Akteure sind keine anonymen Aktiengesellschaften, sondern Banker, Strohmänner und Lokalpolitiker, die sich über jede Investition - egal wo sie her kommt - freuen. Ohne lokale Komplizen funktioniert kein Geschäft, kein Immobilienkauf, keine Geldwäsche. Durch ein auf Typ 3 reduziertes Bild der Mafia wird diese diffus, unfassbar, obwohl sie lokal greifbar ist.
Das vierte Konzept der Mafia fragt - ganz im Sinne dieses blinden Fleckes - nach dem Mafioso in uns selbst. Sind wir nicht alle manchmal kriminell?
Typ 1 - Beschreibung "Folklorisierte Mafia"
Typ 2 - Beschreibung "Dreckige Mafia"
Typ 3 - Beschreibung "Weiße Mafia"
Typ 4 - Beschreibung "Mentalität Mafia"
Schlussbemerkung - Verschwörungtheorie und Logen
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